Begriffe aus dem Strafrecht erklärt

Vorstrafe

Inhaltsverzeichnis

Eine Vorstrafe liegt umgangssprachlich dann vor, wenn jemand bereits in einem Strafverfahren rechtskräftig verurteilt wurde und diese Verurteilung im Führungszeugnis erscheint. Doch der Begriff „vorbestraft“ wird im Alltag oft falsch verstanden. Nicht jede Geld- oder Bewährungsstrafe führt automatisch zu einem Eintrag im Führungszeugnis. Entscheidend sind die Art der Strafe, ihre Höhe und bestimmte gesetzliche Tilgungsfristen. Das deutsche Strafrecht unterscheidet genau zwischen bloßen Verurteilungen, Eintragungen im Bundeszentralregister und der tatsächlichen „Vorstrafe“ im engeren Sinne.

Was bedeutet „vorbestraft“ im rechtlichen Sinn?

Der Begriff Vorstrafe hat keine eigene gesetzliche Definition, ist aber ein feststehender Begriff in der Rechtsprechung. Eine Person gilt als „vorbestraft“, wenn eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) registriert und im Führungszeugnis aufgeführt ist.

Das Führungszeugnis (§ 30 BZRG) enthält allerdings nur bestimmte, nach Schwere und Art ausgewählte Eintragungen. Damit ist nicht jede Verurteilung automatisch im Führungszeugnis sichtbar – kleinere Geldstrafen oder kurze Bewährungsstrafen bleiben unter bestimmten Voraussetzungen unberücksichtigt. Wer also wegen eines geringen Delikts verurteilt wurde, kann trotz dieser Verurteilung formal als nicht vorbestraft gelten.

Bundeszentralregister und Führungszeugnis – der Unterschied

Das Bundeszentralregister (BZR) ist eine interne Datenbank, die alle strafgerichtlichen Entscheidungen bundesweit erfasst. Es enthält auch solche Verurteilungen, die nicht im Führungszeugnis stehen. Das Führungszeugnis ist dagegen ein Auszug aus diesem Register, der für bestimmte Zwecke – etwa Bewerbungen oder behördliche Verfahren – ausgestellt wird.

Das bedeutet: Im BZR kann eine Verurteilung eingetragen sein, ohne dass sie im Führungszeugnis erscheint. Nur wenn bestimmte Grenzen überschritten werden, wird die Eintragung sichtbar – und erst dann gilt man im juristischen Sprachgebrauch als vorbestraft.

Wann gilt man als vorbestraft?

Ob eine Verurteilung im Führungszeugnis auftaucht, hängt von der Art und Höhe der Strafe ab. Nach § 32 BZRG werden bestimmte geringfügige Strafen nicht eingetragen. Eine Person gilt insbesondere dann nicht als vorbestraft, wenn:

  • eine Geldstrafe von höchstens 90 Tagessätzen verhängt wurde,
  • oder eine Freiheitsstrafe von höchstens 3 Monaten auf Bewährung ausgesprochen wurde,
  • und keine weiteren Verurteilungen im Register stehen.

Wer diese Grenzen überschreitet, gilt als vorbestraft – seine Verurteilung erscheint im Führungszeugnis. Dies betrifft insbesondere Personen mit Freiheitsstrafen ohne Bewährung oder mit mehreren Verurteilungen.

Ein Beispiel:
Ein Mann wird wegen Diebstahls zu 60 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt – er bleibt nicht vorbestraft. Wird er jedoch wegen eines erneuten Delikts zu weiteren 80 Tagessätzen verurteilt, erscheint die zweite Verurteilung im Führungszeugnis, da die Summengrenze überschritten ist.

Arten des Führungszeugnisses

Es gibt verschiedene Arten von Führungszeugnissen, die je nach Zweck unterschiedliche Inhalte zeigen:

  • Privatführungszeugnis (§ 30 BZRG): Wird für Arbeitgeber oder private Zwecke beantragt. Hier erscheinen nur schwerwiegende Verurteilungen.
  • Behördliches Führungszeugnis (§ 30 Abs. 5 BZRG): Enthält zusätzliche Einträge, die für behördliche Entscheidungen relevant sind (z. B. für Beamte, Waffenbesitzer oder Ausländerrecht).
  • Erweitertes Führungszeugnis (§ 30a BZRG): Wird vor allem in Berufen mit Kindern und Jugendlichen verlangt. Es zeigt auch bestimmte Sexualdelikte oder jugendstrafrechtliche Entscheidungen.

Eintragungen im behördlichen oder erweiterten Führungszeugnis können also umfangreicher sein als im privaten. Wer sich auf sicherheitsrelevante oder vertrauensvolle Positionen bewirbt, sollte daher genau prüfen, ob und was in seinem Führungszeugnis steht.

Tilgungsfristen – wann wird eine Vorstrafe gelöscht?

Eintragungen im Führungszeugnis bleiben nicht dauerhaft bestehen. Das Bundeszentralregistergesetz sieht Tilgungsfristen vor, nach deren Ablauf die Verurteilung gelöscht wird. Die Dauer dieser Fristen hängt von der Schwere der Tat und der Höhe der Strafe ab:

  • 3 Jahre bei geringen Strafen (z. B. Geldstrafen bis 90 Tagessätze oder Bewährungsstrafen bis 3 Monate),
  • 5 Jahre bei mittleren Delikten (z. B. Freiheitsstrafe bis 1 Jahr auf Bewährung),
  • 10 Jahre bei schweren Straftaten (z. B. Freiheitsstrafen ohne Bewährung oder Sexualdelikte).

Nach Ablauf dieser Fristen wird der Eintrag automatisch gelöscht – die Person gilt dann rechtlich wieder als nicht vorbestraft. Das gilt jedoch nur für das Führungszeugnis; im internen Register kann die Information noch länger gespeichert bleiben, ohne dass sie öffentlich sichtbar ist.

Folgen einer Vorstrafe

Eine Vorstrafe kann erhebliche Auswirkungen haben – sowohl juristisch als auch gesellschaftlich. In einem neuen Strafverfahren kann sie als Vorbelastung strafverschärfend berücksichtigt werden (§ 46 StGB). Auch bei der Strafzumessung spielt die sogenannte kriminelle Biografie eine Rolle: Wiederholungstäter müssen oft mit härteren Strafen rechnen.

Außerhalb des Strafrechts kann eine Vorstrafe ebenfalls Folgen haben, etwa:

  • bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst,
  • bei bestimmten Berufszulassungen (z. B. Bewachungsgewerbe, Waffenbesitz, Pflegeberufe),
  • bei Visa-, Aufenthalts- oder Einbürgerungsverfahren,
  • und bei der Vertrauenswürdigkeit in geschäftlichen oder sozialen Zusammenhängen.

Vor allem bei Berufen mit besonderer Verantwortung – etwa im Sicherheits- oder Gesundheitsbereich – kann bereits ein kleiner Eintrag zum Ausschluss führen. Deshalb ist es wichtig, vor einer Bewerbung zu wissen, ob und was im Führungszeugnis steht.

Wie kann man das Führungszeugnis einsehen?

Jeder Bürger kann beim Bundesamt für Justiz ein Führungszeugnis beantragen – entweder online über das Serviceportal des Bundes oder persönlich bei der Meldebehörde. Der Antragsteller erhält das Dokument per Post. Für Arbeitgeber darf das Führungszeugnis nur auf freiwilliger Basis vorgelegt werden; niemand kann zur Offenlegung gezwungen werden, es sei denn, gesetzliche Vorschriften schreiben dies vor.

Fazit: Vorstrafe heißt nicht immer „vorbestraft“

Der Begriff Vorstrafe ist differenziert zu betrachten. Nicht jede Verurteilung führt zu einem sichtbaren Eintrag im Führungszeugnis, und nicht jeder Eintrag bleibt dauerhaft bestehen. Wer eine geringe Geldstrafe oder Bewährung erhält, gilt oft nicht als vorbestraft. Erst wenn die gesetzlichen Schwellen überschritten werden, wird die Verurteilung öffentlich relevant.

Die Kanzlei Wederhake in München berät Mandanten zu allen Fragen rund um Vorstrafen, Führungszeugnisse und Tilgungsfristen. Ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht kann prüfen, ob eine Eintragung noch besteht, wann sie gelöscht wird oder ob sie rechtlich angegriffen werden kann – etwa durch Antrag auf Registerberichtigung oder vorzeitige Tilgung. Ziel ist es stets, die persönlichen und beruflichen Folgen einer Vorstrafe so gering wie möglich zu halten.

Ihr Ansprechpartner

Marc Wederhake
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

Telefon: 089 / 5880 83670
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