Die Rechtswidrigkeit ist ein essenzieller Begriff im deutschen Strafrecht und bildet eine der zentralen Voraussetzungen für die Strafbarkeit einer Handlung. Sie beschreibt den Zustand, in dem eine Tat gegen die Rechtsordnung verstößt, ohne durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckt zu sein. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Einblick in die Rechtswidrigkeit, ihre Bedeutung und ihre praktische Anwendung.
Definition der Rechtswidrigkeit
Rechtswidrigkeit bedeutet, dass eine Handlung gegen geltendes Recht verstößt und damit objektiv unrechtmäßig ist. Im Strafrecht ist sie eine der drei Hauptvoraussetzungen für die Strafbarkeit, neben der Tatbestandsmäßigkeit und der Schuld. Eine Handlung, die zwar tatbestandsmäßig ist, kann dennoch rechtmäßig sein, wenn ein anerkannter Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Beispiel: Ein Schlag gegen eine andere Person erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung gemäß § 223 StGB. Ist der Schlag jedoch durch Notwehr gerechtfertigt, entfällt die Rechtswidrigkeit.
Tatbestandsmäßigkeit als Voraussetzung
Die Rechtswidrigkeit einer Handlung setzt voraus, dass diese tatbestandsmäßig ist. Tatbestandsmäßigkeit bedeutet, dass das Verhalten des Täters die Merkmale eines Straftatbestandes erfüllt. Erst wenn diese Voraussetzung gegeben ist, prüft das Gericht, ob die Handlung auch rechtswidrig ist.
Praktisches Beispiel: Ein Diebstahl gemäß § 242 StGB ist tatbestandsmäßig, wenn eine fremde bewegliche Sache weggenommen wird. Liegt jedoch eine Einwilligung des Eigentümer vor, entfällt die Rechtswidrigkeit.
Rechtfertigungsgründe: Wann entfällt die Rechtswidrigkeit?
Selbst wenn eine Tat tatbestandsmäßig ist, kann sie durch das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes legalisiert werden. Rechtfertigungsgründe sind Situationen, in denen die Rechtsordnung bestimmte Handlungen ausnahmsweise erlaubt, obwohl sie grundsätzlich verboten sind. Die wichtigsten Rechtfertigungsgründe im Strafrecht sind:
1. Notwehr
Die Notwehr ist in § 32 StGB geregelt und erlaubt es einer Person, sich gegen einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff zu verteidigen. Eine solche Verteidigungshandlung ist nicht rechtswidrig, selbst wenn sie den Tatbestand einer Straftat erfüllt.
Beispiel: Ein Angreifer droht mit Gewalt. Der Verteidiger setzt sich durch einen gezielten Schlag zur Wehr. Diese Handlung ist durch Notwehr gerechtfertigt.
2. Notstand
Der Notstand, geregelt in § 34 StGB, liegt vor, wenn eine Gefahr für ein rechtlich geschütztes Gut nur durch eine rechtswidrige Handlung abgewendet werden kann. Voraussetzung ist, dass das geschützte Interesse das beeinträchtigte überwiegt.
Beispiel: Eine Person bricht in ein Haus ein, um einen Brand zu löschen und Menschenleben zu retten. Der Einbruch ist durch den Notstand gerechtfertigt.
3. Einwilligung
Die Einwilligung ist ein weiterer Rechtfertigungsgrund, der insbesondere bei Körperverletzungsdelikten eine Rolle spielt. Sie ist jedoch nur wirksam, wenn sie freiwillig, ausdrücklich und vor der Tat erteilt wurde.
Beispiel: Ein Patient willigt vor einer Operation in einen chirurgischen Eingriff ein. Die damit verbundene Körperverletzung ist nicht rechtswidrig.
Abgrenzung von Rechtswidrigkeit und Schuld
Die Rechtswidrigkeit ist von der Schuld zu unterscheiden. Während die Rechtswidrigkeit die objektive Unrechtmäßigkeit einer Tat beschreibt, prüft die Schuld, ob der Täter persönlich für die Tat verantwortlich gemacht werden kann. Eine Handlung kann rechtswidrig sein, auch wenn der Täter schuldunfähig ist, etwa aufgrund einer psychischen Erkrankung gemäß § 20 StGB.
Beispiele für Rechtswidrigkeit
- Rechtswidriger Angriff: Ein Angreifer stürmt auf eine Person zu und versucht, sie zu schlagen. Der Angriff ist rechtswidrig, da er keine rechtliche Grundlage hat.
- Unbefugte Nutzung fremden Eigentums: Eine Person entwendet das Fahrrad eines anderen, ohne dessen Zustimmung. Diese Handlung ist rechtswidrig, da sie gegen das Eigentumsrecht verstößt.
- Schutz von Rechtsgütern: Das Eindringen in eine Wohnung ohne Einwilligung des Bewohners ist rechtswidrig, es sei denn, es handelt sich um einen Notstand.
Fazit: Rechtswidrigkeit als Basis der strafrechtlichen Verantwortlichkeit
Die Rechtswidrigkeit ist ein unverzichtbares Element im deutschen Strafrecht und bildet die Grundlage für die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Sie sorgt dafür, dass nur solche Handlungen bestraft werden, die objektiv gegen die Rechtsordnung verstoßen und nicht durch Rechtfertigungsgründe legitimiert sind.
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