Begriffe aus dem Strafrecht erklärt

Jugendstrafrecht-Light

Inhaltsverzeichnis

Das Jugendstrafrecht in Deutschland verfolgt den Zweck, Straftäter, die noch nicht vollständig in die Gesellschaft integriert sind und unter 21 Jahre alt sind, nicht nur zu bestrafen, sondern vor allem zu erziehen und zu resozialisieren. Die Regelungen des Jugendstrafrechts finden vor allem Anwendung bei Straftaten von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, also Jugendliche im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes (JGG). Jedoch gibt es eine Sonderregelung für die Gruppe der Heranwachsenden, also für Straftäter, die zwischen 18 und 21 Jahren alt sind. Für diese Personen wird nach§ 105 JGG entschieden, ob das Jugendstrafrecht oder das Erwachsenenstrafrecht angewendet wird, was als Jugendstrafrecht-Light bezeichnet wird. Diese Regelung führt dazu, dass Straftaten von Heranwachsenden in einer Übergangszone behandelt werden, in der sowohl erzieherische Maßnahmen als auch die Verantwortung des Erwachsenenstrafrechts berücksichtigt werden. Die Heranwachsendenregelung soll sicherstellen, dass das Strafrecht an die noch nicht vollständig entwickelte Reife der Straftäter angepasst wird und dass für junge Straftäter eine Balance zwischen Strafe und pädagogischer Betreuung gefunden wird. Dabei hat das Gericht die Möglichkeit, zwischen Jugendstrafe und Erwachsenenstrafe zu entscheiden.

Rechtliche Grundlagen der Heranwachsendenregelung

Jugendgerichtsgesetz (JGG)

Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) ist das zentrale Gesetz, das die Verantwortlichkeit und Strafmündigkeit von Jugendlichen und Heranwachsenden regelt. Dabei sind wichtige §-Bestimmungen:

  •  § 1 JGG – Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts: Jugendstrafrecht gilt für Personen, die zur Zeit der Tat 14 bis 17 Jahre alt sind.
  • § 105 JGG – Anwendung des Jugend- oder Erwachsenenrechts auf Heranwachsende: Für Personen, die zum Zeitpunkt der Tat zwischen 18 und 21 Jahre alt sind, entscheidet das Gericht nach der Reife des Täters, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommt.

Strafgesetzbuch (StGB)

Das Strafgesetzbuch (StGB) regelt das Erwachsenenstrafrecht und definiert in § 3 StGB die Strafmündigkeit, die bei 14 Jahren liegt. In Bezug auf die Heranwachsendenregelung ist es besonders wichtig, dass der Strafrahmen bei Heranwachsenden deutlich differenziert behandelt wird, je nachdem, ob das Jugendstrafrecht oder das Erwachsenenstrafrecht angewendet wird.

Heranwachsendenregelung gemäß § 105 JGG

§ 105 JGG regelt, wie mit Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren verfahren wird, die eine Straftat begangen haben. Entscheidend dabei ist, ob das Gericht das Jugendstrafrecht oder das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung bringt. Dabei ist die Reife des Täters der maßgebliche Faktor.

Anwendung des Jugendstrafrechts: Wenn das Gericht feststellt, dass der Täter noch nicht die volle Reife eines Erwachsenen erreicht hat und noch nicht vollständig in der Lage ist, die Verantwortung für seine Taten zu übernehmen, wird das Jugendstrafrecht angewendet. Dies bedeutet, dass die Strafen milder ausfallen können, da das Jugendstrafrecht den Fokus auf Erziehung und Resozialisierung legt.

Anwendung des Erwachsenenstrafrechts: Wenn das Gericht jedoch zu dem Schluss kommt, dass der Täter bereits die volle Reife eines Erwachsenen erreicht hat, wird das Erwachsenenstrafrecht angewendet, das eine stärkere Betonung auf die Strafwürdigkeit legt.

Die Entscheidung, ob Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht angewendet wird, erfolgt nach einer umfassenden persönlichen Untersuchung des Täters, bei der verschiedene Faktoren wie die geistige Reife, die Persönlichkeitsentwicklung und die soziale Integration des Täters berücksichtigt werden.

Rechtliche Grundlage des § 105 JGG

§ 105 JGG lautet im Wortlaut:

 

„(1) Bei Heranwachsenden, die zur Zeit der Tat noch nicht 21 Jahre alt sind, richtet sich die Strafzumessung nach den Vorschriften des Jugendstrafrechts, wenn das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass die Reife des Täters in ihrer Gesamtheit noch die eines Jugendlichen im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes ist.

(2) In allen anderen Fällen finden die Vorschriften des Erwachsenenstrafrechts Anwendung.“

 

Die Heranwachsendenregelung stellt also eine flexible Möglichkeit dar, die Reife eines Straftäters zu berücksichtigen und eine straffere, erzieherische oder strenge Strafe zu verhängen, je nach den Umständen des Falles. Ein Heranwachsender kann sowohl im Jugendstrafrecht als auch im Erwachsenenstrafrecht bestraft werden.

Unterschiede zwischen Jugendstrafrecht und Erwachsenenstrafrecht

Die Unterscheidung zwischen Jugendstrafrecht und Erwachsenenstrafrecht ist von wesentlicher Bedeutung, wenn es um die Strafzumessung und den Zweck der Strafe geht.

Jugendstrafrecht:

Ziel ist nicht nur die Bestrafung des Täters, sondern auch die Erziehung und die Resozialisierung. Das Jugendstrafrecht verfolgt in der Regel mildere Strafen und setzt vermehrt auf bewährung und pädagogische Maßnahmen wie die Erziehungsmaßregeln oder Hilfepläne.

Strafrahmen: Die Strafen sind oft milder als im Erwachsenenstrafrecht und beinhalten häufig Erziehungsmaßnahmen und Bewährungsstrafen.

Strafarten: Zu den strafrechtlichen Maßnahmen gehören beispielsweise Jugendarrest, gemeinnützige Arbeit, Erziehungsmaßregeln und die Möglichkeit, die Strafe unter Bewährung zu vollstrecken.

Erwachsenenstrafrecht:

Das Erwachsenenstrafrecht geht von einer vollständigen Reife des Täters aus und verfolgt das Ziel der Bestrafung für begangenes Unrecht.

Strafrahmen: Die Strafen sind im Erwachsenenstrafrecht härter und umfassender.

Strafarten: Im Erwachsenenstrafrecht werden oft Freiheitsstrafen und Geldstrafen verhängt, ohne die Möglichkeit zur Bewährung.

Beispiel zur Anwendung der Heranwachsendenregelung

Ein 18-jähriger Täter wird wegen eines Diebstahls angeklagt. Das Gericht prüft seine geistige Reife und stellt fest, dass er emotional und sozial noch nicht vollständig erwachsen ist und unter Umständen noch ein erhebliches Maß an Erziehung und Resozialisierung benötigt. In diesem Fall könnte das Jugendstrafrecht angewendet werden, sodass der Täter eine mildere Strafe, wie z. B. Jugendarrest oder soziale Arbeitsstunden, erhält.

Ein 20-Jähriger, der die Tat jedoch in einem vollen Maße durchdacht und mit einem klaren Vorsatz begangen hat, wird wahrscheinlich nach dem Erwachsenenstrafrecht bestraft, was zu einer höheren Freiheitsstrafe führen kann.

Fazit

Die Heranwachsendenregelung gemäß § 105 JGG bietet den Gerichten die Möglichkeit, bei 18 bis 21-Jährigen Straftätern sowohl Jugendstrafrecht als auch Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Diese Regelung berücksichtigt die noch nicht abgeschlossene Reifeentwicklung von Heranwachsenden und ermöglicht eine differenzierte Bestrafung. In Fällen, in denen der Täter noch nicht über die volle Reife eines Erwachsenen verfügt, wird das Jugendstrafrecht angewendet, was eine erzieherische Ausrichtung der Strafe verfolgt. Andererseits, wenn das Gericht zur Auffassung gelangt, dass der Täter die Reife eines Erwachsenen erreicht hat, kann das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen. Die Heranwachsendenregelung schafft eine Balance zwischen Strafe und Resozialisierung und trägt dem Entwicklungsstand der Täter Rechnung, um ihnen eine Chance zur Besserung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen.

Ihr Ansprechpartner

Marc Wederhake
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

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